Es wird kaum jemanden in Deutschland geben, der im Zusammenhang mit Alt werden und einer eventuellen Pflegebedürftigkeit nicht über die Unterstützung durch eine „Polin“ nachgedacht hat. Mit diesem Wort werden umgangssprachlich Frauen bezeichnet, die für eine bestimmte Zeit im Haushalt eines alten Menschen in Deutschland mit leben, um ihn zu versorgen, zu unterstützen und auch zu pflegen. Mittlerweile ist diese Art der Versorgung neben der ambulanten und stationären Pflege die dritte Säule der Unterstützung alter Menschen. Weil die ersten Frauen vor mehr als zwei Jahrzehnten für diese Betreuungsform aus Polen kamen, ist ihre Herkunft geradezu zum Fachwort geworden.
In dem Roman „Eine Polin für Herrn Kögel“ von Barbara Städtler-Mach wird neben Herrn Kögel vor allem die psychologische Entwicklung seiner „Polin“ – Teresa – dargestellt: ihre Bereitschaft, Herrn Kögels Leben gut mitzugestalten auf der einen Seite, ihre Empfindungen, unfrei und abhängig zu sein bei gleichzeitiger Kritik durch ihre polnische Herkunftsfamilie auf der anderen Seite. Auf diese Weise wird erstmals literarisch der Blick auf das Erleben der Frau gelenkt, die sich auf diese unklare Arbeitsbeziehung einlässt.
Das Buch ist eine fiktive Erzählung, in die die Autorin viel Fachwissen einbaut. Barbara Städtler-Mach hat zu dieser Versorgungsform jahrelang geforscht. Von daher erfährt man beim Lesen auch viele Hintergründe, die das Versorgungsmodell kritisch beleuchten. Die Idee, ein schwieriges Thema in einen leicht lesbaren Roman einzukleiden, ist hervorragend gelungen. Wer sich mit der Versorgungsform einer Betreuung durch eine „Polin“ oder andere Frauen befasst, kommt an diesem Buch nicht vorbei.
Verlag Königshausen & Neumann, 19,80 € – 2024