Biografiearbeit mit Glaubens- und Erfahrungsschätzen

Von Michaela Frölich

Was hat im Leben getragen? Wer oder was hat in schwierigen Zeiten geholfen, den Mut nicht zu verlieren? Wie konnte der Glaube helfen?

Wer zurückblickt im Leben und auch die Krisen miteinbezieht, kann für seine Gegenwart und die Zukunft viel gewinnen, wenn er sich genau diesen Fragen stellt. Denn die Antworten auf diese Frage sind Glaubens- und Erfahrungsschätze. Oft ist es so, dass das, was einmal half, auch wieder helfen kann, wenn es darum geht, schwierige Lebenssituationen zu meistern und jeden Tag aufs Neue zuversichtlich weiterzugehen.

Der Schatz der Erinnerung

Jeder Mensch hat in seinem Leben schon etwas erlebt, was ihn stark mitgenommen hat – ein Verlust, eine Krise, ein Unglück. Das kann gesundheitlicher Natur gewesen sein, eine Trennung, der Tod eines geliebten Menschen oder ein beruflicher Misserfolg. Nicht gerne erinnern wir uns daran. Wenn wir jedoch den Fokus darauf lenken, wer oder was geholfen hat, dann gewinnen wir eine Quelle der Kraft auch für unsere Gegenwart. Wenn wir darüber hinaus nachspüren, welche Kraft uns aus unserem Glauben erwachsen ist, können wir Schätze bergen, die wir auch an andere weitergeben können.

Wegbegleiter

So schwer manches zu ertragen war, so sehr hat vielleicht ein Familienmitglied, ein Freund oder eine Freundin geholfen, diese Lebenssituation durchzustehen. Oft sind es die Eltern oder auch die Großeltern, die den Weg zum Glauben ebneten oder eine Lebenseinstellung vermittelten, die auch in schweren Zeit tragen kann. Geistliche Begleiter oder Therapeuten unterstützen mit Gesprächen oder auch mit Impulsen. Wir brauchen ein Gegenüber in schweren Stunden, Augen, in die wir schauen können und das tröstende Gespräch.

Wer spendete Ihnen Trost, gab Ihnen Orientierungshilfen oder verhalf Ihnen zum Glauben?

Woran wir glauben, das gibt uns Kraft!

Dann gibt es die Zeiten, in denen wir alleine sind. Was hilft und trägt in diesen Momenten? Haben wir in Kindheit und Jugend gelernt, zu beten, können wir auch in späteren Zeiten dadurch Trost und Mut erfahren. Nicht immer muss es ein auswendig gelerntes Gebet sein, wenn auch die Kraft jahrhundertelang gesprochener Worte sicher dazu beiträgt, Vertrauen und Ruhe zu spüren. Auch das freie Wort, die Ansprache und der Glaube daran, dass es zwischen Himmel und Erde noch viel mehr gibt, als das, was wir mit den Augen sehen oder mit den Ohren hören können, lässt uns hoffen, dass unsere Bitten in Erfüllung gehen … Gemeinsam gesprochen oder gar gesungen, erhöht sich die Energie um ein Vielfaches mehr.

Welches Gebet, welche Liedzeile, welcher Spruch hat Ihnen schon Mut gemacht oder ist Ihr Mut-Mach-Spruch heute?

„Immer wenn Du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her…“

Orte der Ruhe und das Erleben der Natur

Wer kennt sie nicht, die Kraft eines besonderen Ortes. Das kann der Innenraum einer Kirche sein oder eine Etappe auf einer Pilgertour. Das sich Besinnen in der freien Natur spendet Kraft – im Wald zu sein, auf der Wiese oder dem Feld, auf einem Berggipfel oder einer Anhöhe, am Strand oder am See – schon Kinder nennen Naturerlebnisse als Kraftquellen, wenn sie gefragt werden, was ihnen geholfen hat, mit schwierigen Ereignissen umzugehen. Eine Muschel, ein Stein, eine Nuss können die Erinnerungen daran lebendig halten. In den wochenlangen Lockdowns entdeckten viele das Wandern neu, das Bewegen in der Natur …

Welche Naturerlebnisse stärkten Sie, welcher Ort spendet Ihnen Kraft?

Ein Bild, eine Figur, ein Symbol

Bei der Rückschau nach dem, was geholfen hat, sind es oft Gegenstände oder Anblicke, die genannt werden, wenn man sich an Kraft spendende Momente erinnert: eine Kerze, eine Blume, die Sonne, die Morgenröte oder der Sternenhimmel.  Die Beschäftigung mit dem, was Licht ins Dunkle bringt, setzt positive Energie frei, um Mut und Hoffnung auch im Alltag zu finden. Ob Kreuz, Rosenkranz oder Gebetskette, eine Statue oder das Bild eines Heiligen oder eines Engels, alles sind Devotionalien, die ein religiöses Ritual einleiten können und spirituelles Wahrnehmen intensivieren.

Welcher Anblick spendet Ihnen frohen Mut? Welches Symbol repräsentiert für Sie Lebensmut und Glaubensfreude?

Weitere Anregungen und Impulse finden Sie im Buch „Biografiearbeit mit Glaubens- und Erfahrungsschätzen“, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, 2013.


Michaela Frölich M.A.
Biografin, Autorin, Dozentin Erwachsenenbildung, Schreibcoachin
Frankfurt am Main

www.schreibatelier-froelich.de

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