Lebenskunst-Netzwerkstatt

LebensKunst

Von Thorsten Neuhaus

Vom 24.-26. November 2023 trafen sich 25 LebensMutig-Mitglieder zur diesjährigen Präsenz-Netzwerkstatt unter dem Motto „Lebenskunst“ im Lutherheim in Springe. Die Mitglieder reisten u.a. von Graz, München, Braunschweig, Jever, Lübeck aus an – ein buntes Gemisch also von Temperamenten, Dialekten und Erfahrungen. Es war die erste Präsenz-Netzwerkstatt im Norden und das Vorbereitungsteam um Gabi Neuhaus, Ansprechpartnerin für die Regionalgruppe Nord, hatte für drei Tage Workshopformate zum Thema „Lebenskunst“ arrangiert.

Intendiert waren nicht nur Vernetzung, Austausch und Kontakt der Teilnehmenden untereinander, sondern auch ein methodischer und inhaltlicher Erfahrungs- und Kompetenzgewinn in puncto biografisches Arbeiten. Letztlich sollten auch Erholung, Freude und Entspannung nicht zu kurz kommen. Leitfragen für das Wochenende waren u.a.:

Was ist deine Lebenskunst?

Was wurde dir geschenkt? Worin bist du Meister:in? Mit wem verbindet sie dich? Wobei hilft dir deine Lebenskunst und was ermöglicht sie dir?

Am Freitagnachmittag starteten die LebensMutigen mit einem biografischen ImproWIRKshop unter der Leitung von Thorsten Neuhaus. Nach einigen Aufwärmübungen tauschten die TeilnehmerInnen anhand von Mini-Moodboards eigene spontane Ideen zum Thema Lebenskunst auf einem Basar der Künste aus. Anschließend bauten sie paarweise menschliche Skulpturen zu ihrer eigenen Lebenskunst und interviewten die so erstellten Figuren zu ihren ihnen je eigenen Lebenskünsten. In Kleingruppen improvisierten Paare schließlich Szenen mit Alltagsmaterialien in Form von Playbacks. Jeweils mehrere Teilnehmende spiegelten einer Person dabei ihr Lebenskunstmotto in Form einer Klang-, Wort- oder szenischen Stehgreifimprovisation und erweiterten so den Interpretationsspielraum der einzelnen „Regieanweisungen“.

Am Freitagabend trafen sich die Teilnehmenden zu einem bunten Methodenbuffet und probierten mitgebrachte Methoden aus. Melanie Sommer und Karin Wolf zeigten u.a., wie Kennenlernrunden mit Satellitenbildern umgesetzt werden können, und Ursula Brüssermann hatte ein Nähkästchen aus Holz mitgebracht, anhand dem die Teilnehmenden textile Geschichten, sozusagen „aus dem Nähkästchen plaudernd“, erzählten.

Die Arbeit mit dem Genogramm

Der Samstagvormittag fand unter der Regie von Annette Quentin statt, die anhand von Flipcharts und Kurzaufstellungen über die Tragweite von Genogrammarbeit, insbesondere für biografisches Arbeiten im Coaching und biografischen Schreiben, informierte. Gemäß der Anleiterin stellen in Familien präsente Regeln, Atmosphären, Tabus und Konflikte allesamt Bearbeitungen von lebensgeschichtlich bedeutsamen Themen dar und sind als mehr oder weniger gelungene Bewältigungs- und Lösungsversuche von lebensweltlichen Herausforderungen anzusehen. Die Teilnehmenden machten sich nach dem informierenden Einstieg anhand von Flipcharts und Stiften selbst auf Spurensuche in ihrer eigenen Herkunftsfamilie und stellten Ergebnisse in Kleingruppen vor.

Lebens-Kunst am Collagetisch

Der Samstagnachmittag gehörte der „Lebens-Kunst am Collagetisch: Neue Fügungen und Perspektiven“, das Gabi Neuhaus vorbereitet hatte. An mehreren meterlangen Tischen präsentierte sie Collagematerial aus ihrem Fundus, Fotos, Texte, Bücherreste thematisch und grafisch sortiert, sodass die Teilnehmenden auswählen konnten, zu welchen biografischen Themenbereichen sie arbeiten wollten. Inmitten mehrerer Werktische standen allerlei Werkzeuge, Kleber, Washitapes, Stifte usw., an denen sich die Teilnehmenden frei bedienen konnten. Die Workshopleiterin hatte zuvor für jede/n ein eigenes Scrapbook mit Einlegeblöcken vorbereitet, in das die Teilnehmenden ihre Ideen, Wort-Text-Kombinationen, oft auch mitgebrachte Fotos aus der eigenen Lebensgeschichte, einarbeiten konnten.

Clown- und Narrenspiele

Den Abend eröffnete Konrad Lappe mit Clown- und Narrenspielen. Nach kreativen Aufwärm- und Darstellungsspielen traten die anwesenden LebenMutigen mit der roten Clownsnase in szenische Interaktion zu vorgefertigten Spielimpulsen. Zur Musik der 1960er- bis 1990er-Jahre feierten die Anwesenden schließlich bis spät in die Nacht auf der Tanzfläche im Diskolicht ihre Lebenskunst mit anregenden Drinks und ausgewählten Lieblingskleidungsstücken.

Blick nach vorne: Woran wir arbeiten wollen

Am Sonntagmorgen moderierte Thorsten Neuhaus die inhaltliche Netzwerkstatt. Es wurden die über die zurückliegenden Tage in einem separaten Raum – der „netten Ecke“ – gesammelten „Gespinste“, Ideen, Vorschläge, thematischen und organisatorischen Einfälle zum Thema „Lebenskunst“ und lebensmutiger Biografiearbeit gesichtet, diskutiert, sortiert und visualisiert. Es bildeten sich eine Reihe von neuen Regional-, Arbeits- und Austauschgruppen, die im Nachgang der Netzwerkstatt ihre Zusammenarbeit aufnehmen. Darin spiegeln sich, was sich die lebensmutigen NetzwerkerInnen zukünftig vom biografischen Arbeiten wünschen:

  • mehr Bewegung in der Biografiearbeit
  • Biografiearbeit als festen Bildungsbestandteil in jeder Schule zu integrieren
  • Genogrammarbeit als Teil des lebensmutigen Trainercurriculums zu etablieren
  • Biografiearbeit als konstruktives Element zur individuellen Lebensgestaltung möglichst vielen Menschen zur Verfügung zu stellen
  • Tanz, Kunst, Theatermethodik stärker ins biografische Arbeiten einzubeziehen

Gemeinsam reflektierten die Teilnehmenden die vergangenen Tage anhand von Farbkarten und dem „Domino des Gelingens“. Insgesamt nahmen alle Teilnehmenden reichhaltige neue, inhaltliche als auch methodische Impulse für ihre eigene Praxis mit und meldeten ihre hohe Zufriedenheit zurück. Das Netzwerkstattformat, Workshops und persönlichen Austausch miteinander zu verknüpfen, ermöglichte jedem und jeder Teilnehmenden vielerlei eigene aktive und kreative Zugänge zur eigenen Lebenskunst. Wie nebenbei wurden auch intensiv bestehende Bekannt- und Freundschaften gefestigt und neue Kontakte geknüpft. Gelobt wurde insbesondere auch die einladende Atmosphäre des Lutherheims, die hellen und gut ausgestatteten Räumlichkeiten direkt am Waldrand – „super für Gespräch und Bewegung“ – sowie das mittlerweile auch überregional bekannte vollwertige und abwechslungsreiche Buffet der integrativ arbeitenden Küche.

Thorsten Neuhaus
Berufsschullehrer | Trainer (LebensMutig) und Dozent (LWL/ NRW) für ressourcenorientierte Biografiearbeit | Systemischer Berater für Schulen (BR Arnsberg)

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